Von Christoph Lenz
Die Szene ist umwerfend: Steht eine Frau, 17-jährig, umringt von Polizisten in Kampfmontur auf einem Berner Quartiersträsschen. Mit der einen Hand hält sie sich am Gitter der Sicherheitskräfte, mit der anderen drückt sie ihr Handy ans Ohr: «Ich stehe an vorderster Front, Paps», sagt sie. Und dann beschwichtigend: «Aber es passiert schon nichts.»
Sie heisst Steffi. Kurz nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima im März 2011 marschierte sie gemeinsam mit Anti-AKW-Demonstranten zur japanischen Botschaft in Bern, um den Opfern zu gedenken. Am Ziel wartete ein Polizeiaufgebot. Es kam zu brenzligen Augenblicken, aber nicht zur Eskalation. Oder nur zu einer Privaten: «Ich stehe an vorderster Front, Paps.»
Erst Mitte Mai schlug Berger den Bewohnern des Anti-AKW-Camps vor, das gesammelte Material zu einem Dokumentarfilm zusammenzufügen. Bis im August folgten weitere Aufnahmen. Und heute, nur drei Monate nach dem letzten Drehtag, feiert «77 Tage sind nicht genug» bereits Premiere.
«Die Opposition auf der Strasse ist der rote Faden in meinem Schaffen», sagt Berger trocken. Anzufügen wäre, dass der ehemalige «Bund»-Filmredaktor ein leidenschaftlicher Rechercheur ist. Und dass Berger, so sehr er sich der Gegenkultur verschrieben hat, sich nicht verführen lässt von ihrer Ästhetik. Vielmehr fasst er seine Filme in einen kühlen Realismus: spartanisch komponiert, weitgehend frei von Musik, Fotografie, Farbfiltern und sonstigen Kunstgriffen. Kurz: Andreas Berger ist tagein, tagaus auf der Jagd nach der Realität. Das muss reichen.
Und das tut es. «77 Tage sind nicht genug» beeindruckt nicht nur, weil Berger von allen wichtigen Ereignissen «Live-Footage» präsentieren kann. Sondern ebenso, weil es dem Film gelingt, anhand der Campbewohner die gesellschaftliche Breite der Anti-AKW-Bewegung 2011 aufzuzeigen. Da gibt es Tom Locher, einen Veteranen der linksautonomen Szene. Da gibt es aber auch den 60-jährigen Elektriker Ruedi Jungen aus dem Berner Oberland, der alles andere als militant ist, aber bei der Camp-Räumung dennoch in Konflikt kommt mit den Sicherheitskräften. Und da gibt es Steffi, die jener Generation angehört, die durch Fukushima politisiert wurde.
«Es ist kein Film für die Ewigkeit», sagt Berger. «Ich will zeigen: Das und das ist passiert im Frühling 2011, so und so ist es gelaufen. Und am Ende steht die Schlussforderung: Mühleberg abschalten, sofort.»
Berner Zeitung, 1.12.2011
Von Christoph Aebischer
«Hallo Paps, darf ich im Camp übernachten? Ich bin an vorderster Front, aber es passiert schon nichts.» Die 16-jährige Schülerin Stefanie Schärer aus Bern hängt lässig am Polizeiabsperrgitter bei der japanischen Botschaft, telefoniert mit ihrem Vater und schaut dabei keck in die Kamera von Andreas Berger. Gestellt ist die Szene nicht. Die AKW-Gegner wollten dem japanischen Botschafter im Mai ein Zeichen ihrer Betroffenheit zum Reaktorunglück in Fukushima überreichen. «Dort fiel mir Steffi auf», sagt der Berner Filmemacher heute. Deshalb wurde Stefanie zu einer der drei Hauptfiguren seines Films über das AKW-Ade-Camp auf dem Viktoriaplatz, das Bern und vor allem die BKW 77 Tage lang in Atem hielt. Berger bemüht sich nicht um einen neutralen Blick. Vielmehr begleitet er eine Bewegung, die sich nach der Kernschmelze in Fukushima ziemlich spontan entwickelte. Der Film zeichnet unter anderem nach, wie Stefanie politisch aktiv wird. Am 24.Mai 2011 streikten mit ihr viele Schülerinnen und Schüler. 2000 zogen Slogans proklamierend durch die Stadt. Mühleberg muss vom Netz, forderten sie.
Doch auch die AKW-Gegner der ersten Stunde erhalten im Film über das Zeltlager vor dem BKW-Hauptsitz in der Person des 61-jährigen Ruedi Jungen aus Frutigen eine Stimme. Der dritte Protagonist ist Tom Locher, der sich seit Jahren in der Reitschule engagiert. «Ich fragte bereits im Mai an einer Vollversammlung des Camps, ob es okay ist, wenn ich einen Film drehe», erzählt Berger, der Autor von «Zaffaraya 3.0». Diesen Freitag findet nun die Uraufführung seines neuen Films im Kulturzentrum Reitschule statt. Zwischen Aufnahmen des Campalltags, mit Auftritten von Künstlern wie Pedro Lenz oder Steff la Cheffe, zu den Donnerstagdemos und den Protestmärschen nach Mühleberg, streut Berger Interviews ein, in denen beispielsweise auch anwesende Polizisten sehr offen über ihre Rolle reden. Allmählich mauserte sich das Camp zu einer politischen Herausforderung, die mit der polizeilichen Räumung am 22.Juni endete. Stefanie weint Tränen der Enttäuschung.
«Die BKW hatte vorerst Mühe mit dem Filmprojekt und wollte nicht mitmachen», sagt Berger. Letztlich willigte die Betreiberin des AKW Mühleberg dann Ende September in ein Treffen zwischen Stefanie Schärer und BKW-Sprecher Antonio Sommavilla ein. Desillusioniert muss die Schülerin feststellen, dass das AKW Mühleberg wohl nur aus taktischen Gründen zeitgleich mit der Räumung des Camps vom Netz ging. Denn seit der Sanierung liefert der «Schrottreaktor», wie die Gegner ihn im Film bezeichnen, wieder Strom. «Für mich ist diese Niederlage ein Ansporn», sagt Stefanie kämpferisch in Bergers Kamera. Berger gibt seinem Streifen folgerichtig den Namen «77 Tage sind nicht genug». Als Zeitdokument, das zwar Stellung bezieht, aber die andere Seite und ihre Argumente nicht ausblendet, legt der 78-minütige Film Zeugnis ab einer auch weit weg von Japan aufwühlenden Katastrophe. Formal fehlt ihm der letzte Schliff. Doch Berger setzte sich unter Zeitdruck: «Mir war von Anfang an klar, dass der Film noch in diesem Jahr herauskommen muss und nicht erst in fünf Jahren.»
WOZ, 1.12.2011
In einem sind sie sich einig: Diese neue politische Mitte ist mal Fisch, mal Vogel. Ansonsten sind sie gar nicht derselben Meinung: Tom Locher, Aktivist auf dem AKW-Ade-Camp vor den Büros der Bernischen Kraftwerke (BKE), und Thomas Fuchs, inzwischen abgewählter Berner SVP-Nationalrat. Die beiden beleibten Herren diskutieren über die (vermeintliche) Sicherheit des Atomkraftwerks Mühleberg.
«77 Tage sind nicht genug» heisst der neue Film des Berner Regisseurs Andreas Berger. Berger dokumentiert seit 25 Jahren die Besetzerinnenkultur in Bern, 1986 mit «Zafferlot», 1991 mit «Berner Beben» und 2011 mit «Zaffaraya 3.0». In «77 Tage …» begleitet er die Anti-AKW-Bewegung in Bern, die sich nach der Atomkatastrophe in Fukushima formiert hat.
Zentrum der Bewegung war das Camp auf dem Viktoriaplatz. Während 77 Tagen wurde die kleine Wiese vor den Büros der BKW in diesem Sommer zum Lebenszentrum verschiedenster AktivistInnen. Berger ist nah bei den Bewegten, begleitet sie bei ihren Aktionen und hat ein Auge für aussagekräftige Einstellungen. So filmt er seine junge Protagonistin Stephanie Schärer beim Handygespräch mit ihrem Vater, in dem sie fragt, ob sie im Camp übernachten dürfe, während hinter ihr die Berner Polizei AktivistInnen daran hindert, der japanischen Botschaft ein «G-schenk» zu übergeben. Starke Szenen sind auch die arrangierten Gespräche zwischen Befürwortern und GegnerInnen, wie etwa jenes zwischen dem älteren Aktivisten Ruedi Jungen und dem FDP-Jungpolitiker Christian Wasserfallen.
Nach 77 Tagen wurde das Camp überraschend geräumt, vom damaligen Widerstand scheint heute nicht viel übrig. Obwohl dieser nötig wäre. Der vom Bundesrat beschlossene «schrittweise Atomausstieg ist ein Scheinausstieg: Da die Atomkraftwerke in der Schweiz kein Verfallsdatum kennen, bleiben sie am Netz, solange ihre «Sicherheit gewährleistet ist». Um einen wirklichen Ausstieg zu erreichen, sind 77 Tage Widerstand nicht genug. süs
Ensuite, Dezember 2011
Von Lukas Vogelsang
Eines gleich vorweg: Der Film wurde aus der Sympathisanten-Sicht gefilmt – die «andere» Seite wollte nicht wirklich kooperieren. Und wahrscheinlich hatte man auch nicht den richtigen Zugang gefunden: Das Heu liegt in der AKW-Debatte auf zwei verschiedenen Bühnen, ein Dialog kann kaum stattfinden. Obwohl, wenn man den Film ansieht, durchaus die einen oder anderen Hirndrehungen bei den AKW-Befürwortern wie auch bei den Gegnern sichtbar werden.
Andreas Berger hat hier einen wichtigen Moment filmisch festhalten können und hat wirklich gutes Material so zusammengesetzt, dass ein faires Bild entstanden ist. Eine solche Bewegung, und vor allem eine politische Bewegung, der sich sehr viele junge Menschen angeschlossen haben, hat es seit vielen Jahren nicht mehr gegeben. An einem Podiumsgespräch in Bern über Jugendkultur sprach Prof. Dr. Kurt Imhof vom Soziologischen Institut, Forschungsbereich Öffentlichkeit und Gesellschaft, denn auch von einem Kniefall, wenn sich junge Menschen politisch wieder einmal engagieren, und sich dazu Gedanken machen – in welcher Form auch immer. Doch das Glück von Bern fand kein wirklich politisches Ohr. Zwar war die mediale Aufmerksamkeit gross, doch zum Schluss siegte weder die Vernunft, noch die Politik, noch die Philosophie oder eine Vision – geschweige denn die Moral. Das kommt sehr schön zum Ausdruck, wenn Stefan Blättler, Kommandant der Kantonspolizei Bern, darüber spricht, dass es keinen Plan für den SuperGAU gäbe. «Die Menschen werden sich selber zu helfen wissen.» Schönes Statement, das viel Vertrauen in die Politik vermittelt, und man fragt sich unweigerlich nach dem Film, wozu denn die Behörden aufgebaut wurden, oder wessen Handlanger sie geworden sind. So auch anlässlich der Räumung des Camps vor dem BKW-Gebäude, welche einerseits in einer Nacht- und Nebelaktion durchgeführt werden musste und dies erst noch, bevor eine offizielle Entscheidung im Stadtparlament gefällt worden war. Bern ist sich des Kapitals der eigenen EinwohnerInnen nicht im Klaren, das wissen wir schon lange. Eine Gesellschaft, die mitdenkt und aktiv mitgestalten will, ist hier nicht erwünscht. Die Politik zieht sich lieber in die Sandsteinburgen zurück und denkt über Nationalratskandidaturen nach, und wie man noch besser Punkte für das Parteiprogramm gewinnen könnte. Dabei: Dass Mühleberg nicht sicher ist, wurde in diesem Jahr mehrfach belegt und bewiesen. Auch von ganz unparteiischen Institutionen.
Im Film kommen diese verschiedenen Welten sehr schön zum Ausdruck. Da sind die Politikergespräche mit interessanten, manchmal auch hoffnungslosen Antworten. Da sind die Mühleberg-Verantwortlichen, die sich nicht wirklich als von dieser Welt sehen, oder nicht verstehen können, dass Zweifel über die Sicherheit im Umgang mit Atom die Gesellschaft bewegen, die alles runterspielen. Und da sind natürlich die Camp-AktivistInnen, die an etwas glauben. Es ist erstaunlich, wie dumm sich die Befürworter von AKWs mit ihren Argumentationen verhalten haben, während die Katastrophe von Fukushima parallel zeigte, dass die Sicherheit nicht gegeben ist. Mich hat immer die Aussage von BKW-Chef Kurt Rohrbach beeindruckt (nicht im Film), der im vollen Ernst auf die Frage: «Wie lange müssen Sie Mühleberg betreiben, um diese 30 Millionen Franken wieder reinzuholen?» meinte, «So genau haben wir das nicht berechnet. Es ist aber sicher weniger als ein Jahr.» [10 Millionen kosten die Investitionen in die Sicherheit – 20 Millionen soll der Stromausfall und Einkauf von Strom kosten. Anm. Redaktion].
77 Tage sind nicht genug. Wer den Film gesehen hat, weiss, dass aus den aktiven 77 Tagen, mit diesem Dokumentarfilm, mit der Occupy-Bewegung, und all den weiteren Zusammenbrüchen und Widerständen in der Welt, noch viele Tage folgen werden. All jene, die grosse Töne von sich gaben, haben in den letzten Monaten mehr verloren, als jene der Bewegungen. Schaut den Film und lernt aus der Zeit.
Megafon, Dezember 2011
Von Tom Locher
77 Tage lang – von der Besetzung am Dienstag 5. April bis zur Räumung am Dienstag 21. Juni 2011 – campierten Dutzende Anti-Atom-Gegner_innen in einem Park vor dem Hauptsitz des Berner Energiekonzerns BKW und forderten die sofortige und endgültige Ausserbetriebnahme des Schrottreaktor Mühleberg. Filmemacher Ändu Berger folgte ihnen dabei auf Schritt und Tritt.
Die in einem früheren Dreh gemachte Aussage, das AKW Mühleberg sei der sicherste Ort im ganzen Kanton Bern, kam dann doch nicht durch die BKW-Zensur – Medienchef Antonio Sommavilla krebste bei der Visionierung seiner Statements in Andreas Bergers neuestem Doku-Film über das Berner AKW-ADE-Camp auf dem Viktoriaplatz zurück und liess seine mehr als gewagte These wegschneiden.
Eigentlich vergebliche Liebesmüh – denn die Glaubwürdigkeit der BKW bezüglich Mühleberg-Sicherheit ist mehr als nur angeschlagen. Und das nicht nur in den Augen der drei im Film portraitierten Aktivist_innen der Berner AKW-ADE-Bewegung, die im Film durch die 77 Tage AKW-ADE-Camp und darüber hinaus begleitet werden. Die frisch politisierte Schülerin Stefanie (17), der Reitschule-Altautonome Tom (41) und der Berner Oberländer Solarenenergie-Revoluzzer Ruedi (61) verkörpern nicht nur die Generationen, sondern auch die Bandbreite der Anti-Atom-Bewegung nach Fukushima.
Berger dokumentiert mit und durch die drei Protagonist_innen Camp-Alltag, inhaltliche Auseinandersetzungen sowie Aktionen und Demos und lässt sie zu ihrem Kampf gegen Energiekonzerne, Atomaufsichtsbehörden und Atomlobby und für Erneuerbare Energien Stellung nehmen. Auch einige ungewohnt «uberfreundliche» Polizisten kommen zu Wort, Atomkraft-Befürworter wie Thomas Fuchs (SVP) und Christian Wasserfallen (FDP) bekommen es in Streitgesprächen mit ungewohnten Gegnern zu tun und BKW-MedienchefAntonoio Sommavilla fehlen für ein paar Sekunden die Worte, als seine junge Besucherin trocken bemerkt, Radioaktivität sei für sie schlimmer als C02. Und während Kantonspolizei-Kommandant Stefan Blättler unangenehme Wahrheiten verkünden muss, hat diese Pedro Lenz schon längst erkannt und vertextet*.
Ändu Berger – bekanntgeworden durch die Bewegungs-Film-Dokus wie «Zafferlot» (1985) und «Berner Beben» (1990) sowie durch die Bewegten-Portrait-Dokus «Ruhe und Unordnung» (1993) und «Zaffaraya 3.0» (2011) – war eigentlich daran, neues Material für ein nächstes Filmprojekt in 5 bis 10 Jahren auf seine Videokamera zu bannen, als er sich nach Fukushima plätzlich im AKW-ADE-Camp auf dem Viktoriaplatz wiederfand. Daraus entstand spontan ein Filmprojekt, in das Berger wieder einmal über Monate stundenlange Film- und Schneidearbeit steckte.
Nicht alle Hauptdarsteller_innen und Akteur_innen der 77 Camp-Tage kommen – zum Grossteil bewusst – zu Wort: ENSI, UVEK, UREK und Atomlobby fehlen. Die rotgrüne Berner Stadtregierung, die die Besetzung aussass und möglichst nicht Stellung beziehen wollte, erscheint nur in der Person des nach einigen Verhandlungsrunden mit den Besetzer_innen entnervten Sicherheitsdirektors Reto Nause (CVP), der sich in einem legendären Telebärn-Interview gegen die Fragen der amoklaufenden Michelle Renaud wehren muss, während die Rolle des «Chef-Räumers» und Stadtpräsidenten Alexander Tschäppät (SP) im filmischen Dunkel bleibt. Auch die mit 52% Aktienanteil an der BKW beteiligte Berner Kantonsregierung, allen voran Energiedirektorin Barbara Egger (SP), und die BKW-Millionen werden «verschont». Einige Szenen wert waren auch die Hetzkampagnen der espace-Mediengruppe gewesen, die in der Berner Zeitung und auf Telebärn die SVP-nahe Quartierrandgruppe «Leist Bern Nord» auffällig (zu) oft zu Wort kommen liess, mit «Stromlügen» operierte oder selbst als Gorillas Kostümierte dazu benutzte, um gegen das Camp zu hetzen. Und natürlich die vielen Quartier-Bewohner_innen des Breitenrains und Passant_innen, die vor allem zu Beginn des Camps enorm viel Geld und Solidarität spendeten. Selbst der/die eine oder andere mühsame Hänger_in wäre trotz allem Ärger im Nachhinein eigentlich nett anzusehen. Aber mensch kann ja nicht alles haben …
Ändu Bergers neuester Film kann mit Recht als wichtiges Zeitdokument über die Berner Anti-Atom-Bewegung nach Fukushima bezeichnet werden. Und er als unermüdlicher Filmschaffer, der sich jetzt endlich mal eine wohlverdiente Verschnaufpause gönnen sollte …
20 Minuten, 28. November 2011
von Nina Jecker
Am 5. April, rund einen Monat nach der Atomkatastrophe in Fukushima, besetzte eine Gruppe Berner mit Zelten die Wiese vor dem BKW-Hauptsitz. Ihr Motto: «Wir bleiben, bis Mühleberg vom Netz geht.» Unterstützt wurden sie auch von Künstlern: Unter anderem Steff la Cheffe und Pedro Lenz zogen mit Konzerten und Lesungen Hunderte von Sympathisanten an. Am 24. Mai gipfelte die Bewegung in einer Schülerdemo mit 2000 Teilnehmern.
Vom ersten Zelt an mit dabei war Filmemacher Andreas Berger, der schon früher Filme über die linke Szene Berns drehte. «Dadurch kannte ich schon einige Camp-Bewohner und konnte mich mit der Kamera total frei bewegen», sagt Berger gegenüber 20 Minuten. Die Geschichte des Camps erzählt er anhand dreier Protagonisten vom Start bis hin zur polizeilichen Räumung 77 Tage später. Diese Zeitspanne liefert auch den Filmtitel «77 Tage sind nicht genug», der auch Bergers Haltung deutlich macht: «Der Protest hat nicht gereicht», sagt der Filmer. Obwohl das AKW kurz nach Camp-Ende abgeschaltet wurde, ist es seit Ende September wieder in Betrieb.
Schweizer Radio DRS, Swisstipp, Dezember 2011
Radio RaBe, Dezember 2011